Das Frauenhaus Recklinghausen befindet sich seit der Gründung im Jahr 1990 in der Trägerschaft des gleichnamigen Vereins „Frauenhaus Recklinghausen e.V.“ und gehört somit zu den autonomen Frauenhäusern.
Zur Geschichte des Vereins „Frauenhaus Recklinghausen e.V.“ schreibt Karin Holtmann, Ehrenvorsitzende und Mitbegründerin des Vereins folgendes:
„Gewalt gegen Frauen – eine Straftat quer durch alle Gesellschaftsschichten. Jeder hat davon gewusst. Alle haben geschwiegen. Die Betroffenen waren in ihrer Not auf sich allein gestellt. Doch in der Gesellschaft entstand Druck, regte sich Widerstand. In unserer Stadt wollte eine Gruppe sozialdemokratischer Frauen nicht länger tatenlos zusehen. Am 30. Januar 1990 fassten sie einen wegweisenden Entschluss: Sie gründeten den „Verein zur Förderung eines Frauenhauses in RE“. Kritik und Ablehnung kam prompt überparteilich aus der Politik. Aber in der Bürgerschaft entwickelte sich Interesse und Unterstützung. So gelang es noch im Gründungsjahr, eine geeignete Immobilie zu finden. Im Dezember 1990 öffnete das Frauenhaus zum ersten Mal seine Tore.
Natürlich fehlte es an allem: kein Stuhl, kein Tisch, kein Schrank, kein Bett und kein Geld. So entschlossen sich die Vereinsmitglieder und der Vorstand, auf Betteltour zu gehen. Sie zogen über Land und sammelten Spenden. Daraus ergab sich die Grundausstattung des Frauenhauses. Die erste Bewohnerin, eine 63jährige, die vor ihrem prügelnden Ehemann flüchtete, zog ein. Sie und alle folgenden Frauen wurden ehrenamtlich betreut. Doch schon nach kurzer Zeit stellte sich heraus, diese schwierige und gesellschaftspolitisch so wichtige Aufgabe brauchte Professionalität. Aber wie bezahlen?
Der Verein als Träger des Frauenhauses ist natürlich eigenverantwortlich für seinen Etat. Einnahmen gab es nur durch die geringen Mitgliederbeiträge und durch Spenden. Ohne die zum Teil wirklich grosszügige Unterstützung aus der Wirtschaft und die vielen Überweisungen aus privater Hand, hätte das Frauenhaus die Anfangsjahre nicht überstehen können. Dazu kamen lediglich die Tagessätze, die der Kreis Recklinghausen für jede Frau zahlte, die vor Gewalt Zuflucht in der Einrichtung gefunden hatte. Dennoch konnte sich der Trägerverein kaum über Wasser halten.
Schließlich geriet das Frauenhaus in eine ebenso makabere wie absurde Situation: nur bei ausreichend vielen Tagessätzen liess sich das Haus finanzieren = im Klartext: nur wenn genügend viele Frauen Gewalt erlitten und davor Schutz suchten, konnte die Einrichtung bestehen.
Ansprechpartner für das Frauenhaus war (und ist) in Notlagen der Kreis RE. Erst jetzt, in der bedrohlichen Situation, die das Ende des Frauenhauses an die Wand malte, schreckte die Politik auf. Der Verein erhielt Gehör! Das Kreissozialamt entwickelte mit ebenso viel Kompetenz wie Engagement einen Plan, der unter bestimmten Bedingungen die Existenz des Frauenhauses mit einem jährlichen Sockelbetrag sicherte. Diesen Plan nahm der Kreissozialausschuss auf in sein „Finanzkonzept für trägerfreie Häuser mit einem jährlichen Zuschuss in fester Höhe“.
Der Beschluss fiel am 23. Februar 2000.
Mit dem neuen Finanzrahmen konnte das Frauenhaus endlich ein kompetentes Mitarbeiterteam einstellen. Vorherige Versuche waren missglückt. Endlich konnte das Beratungs- und Betreuungsprogramm für die Bewohnerinnen fachlich erweitert werden, und endlich liessen sich dringliche Renovierungen und Anschaffungen erledigen. Das Licht am Ende des Tunnels …“
Gez. Karin Holtmann im Juli 2022
Aktuelle Situation des Vereins:
Im Jahr 2021 wurde ein neuer Finanzierungsvertrag mit dem Kreis Recklinghausen geschlossen.
Dieser sieht eine Erhöhung der bei der Finanzierung zu berücksichtigen Mitarbeiterinnen von zwei Vollzeitstellen auf vier Vollzeitstellen vor. Das ist personell eine Angleichung an die „Landesgeförderten Frauenhäuser“. Der finanzielle Sockelbetrag wurde um ca. 60 % erhöht und geht in die Tagessatzberechnung ein. Zusätzlich hat der Vertrag dem Umstand Rechnung getragen, dass auf dem Wohnungsmarkt sehr schwer zeitnah Wohnungen für die Frauen zu finden sind. Es wird eine Übergangswohnung als vorrübergehende Bleibe mit einem festen Sockelbetrag finanziert.